Antizyklischer Kapitalpuffer

Adressiertes Risiko

Der Antizyklische Kapitalpuffer (AZKP) soll übermässigem Kreditwachstum in Liechtenstein  vorbeugen und der Prozyklizität des Finanzsystems entgegenwirken. Zusätzliches Eigenkapital soll  aufgebaut werden, wenn das zyklische Systemrisiko zunimmt, um die Widerstandfähigkeit des Bankensektors in Stressphasen zu erhöhen. Dies soll dazu beitragen, das Kreditangebot im Krisenfall aufrechtzuerhalten und den Abschwung des Finanzzyklus zu dämpfen. Gleichzeitig soll der antizyklische Kapitalpuffer auch dazu beitragen, ein übermässiges Kreditwachstum in der Aufschwungphase des Finanzzyklus zu beschränken. Der AZKP beträgt in der Regel zwischen 0% und 2.5% des Gesamtrisikobetrags nach Art. 92 Abs. 3 der Capital Requirements Regulation (CRR) und muss in hartem Kernkapital (CET 1) zusätzlich zu den regulatorischen Mindesteigenmittelerfordernissen und sonstigen aufsichtlichen Eigenmittelerfordernissen gehalten werden. Soweit erforderlich, darf auch ein über 2.5% hinausgehender Wert festgelegt werden. Eine Unterschreitung des Puffers führt zu Ausschüttungsbeschränkungen und zur Verpflichtung, einen Kapitalerhaltungsplan zu erstellen.

 

In Liechtenstein wurde die entsprechende gesetzliche Grundlage mit der Übernahme des CRD IV-Pakets in der nationalen Gesetzgebung geschaffen. Der AZKP steht daher seit Inkrafttreten (1.Februar 2015) grundsätzlich zur Verfügung.

 

Methode und Kalibrierung

Die ESRB-Empfehlung ESRB/2014/1 baut auf den Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) auf und umfasst folgende Kernelemente:

  • Als Ausgangspunkt für die Berechnung des AZKP wird die Berechnung der sogenannten Kreditlücke vorgeschrieben, d.h. die Abweichung des nominellen Kreditvolumens an den privaten Sektor relativ zum nominellen BIP (Kredit/BIP) von dessen langfristigen Trend. Dabei errechnet sich die Kreditlücke als Differenz des Verhältnisses von Kredit zu BIP und dessen langfristigen Trend.
  • Der regelbasierte Ansatz schlägt aufgrund der berechneten Kreditlücke einen Referenzwert für den AZKP vor. Beträgt die aktuell berechnete Kreditlücke weniger als 2 Prozentpunkte, wird der AZKP bei 0% festgelegt. Bei einer Kreditlücke zwischen 2 und 10 Prozentpunkten steigt der AZKP linear von 0% auf 2.5%. Liegt die Kreditlücke über 10 Prozentpunkten wird der AZKP auf das Maximum von 2.5% festgelegt.
  • Der AZKP-Referenzwert wird um zusätzliche quantitative und qualitative Indikatoren ergänzt, die unterschiedliche Bereiche berücksichtigen (z.B. Immobilienpreise, Kreditentwicklung, Zahlungsbilanzungleichgewichte, Solidität der Bankbilanzen, Schuldenlast des privaten Sektors, Fehlbewertung von Risiken). 

Während die vorgeschlagene Berechnung der Kreditlücke weitgehend Standardvariablen heranzieht, die üblicherweise von Zentralbanken oder statistischen Ämtern publiziert werden, stellt die Datenverfügbarkeit in Liechtenstein eine erhebliche Herausforderung dar.

  • Für die Kreditzeitreihe rechnet die FMA zwei unterschiedliche Indikatoren, die approximiert werden müssen. Zum einen wird das Hypothekarkreditvolumen bei inländischen Banken im Franken-Währungsraum (inklusive Schweiz) in der Bankstatistik veröffentlicht. Die Zeitreihe wird jedoch nur jährlich veröffentlicht (statt quartalsweise) und bezieht sich nicht nur auf inländische Hypothekarkredite, sondern beinhaltet auch jene, die in der Schweiz vergeben wurden. Da die Zeitreihe aber bereits ab 1972 verfügbar ist, eignet sie sich für die Berechnung eines langfristigen Trends. Zudem kann die Zeitreihe, die jeweils mit einem halben Jahr Verspätung publiziert wird, am Ende mit Daten aus dem FMA-Meldewesen verlängert werden, um die aktuellen Quartale abzudecken. Zum anderen wird die Verschuldung der privaten Haushalte gemäss der Steuerstatistik herangezogen und mit den Daten aus dem FMA-Meldewesen kombiniert.  
  • Die Berechnung der BIP-Zeitreihe stellt ebenfalls eine Hürde dar, aufgrund von drei Faktoren: (1) Die BIP-Zeitreihe geht nur bis 1998 zurück, (2) das BIP wird erst mit knapp zwei Jahren Verspätung publiziert, da die Berechnung auf Steuerdaten beruht, und (3) die Zeitreihe wird nur jährlich (nicht wie sonst üblich quartalsweise) publiziert. Die Zeitreihe des BIPs wurde historisch mit Daten von Brunhart (2012) nach hinten verlängert, sodass eine Schätzung des BIP ab 1972 zur Verfügung steht. Ein weiteres Problem besteht darin, dass eine erste Schnellschätzung des BIP mit etwa 15 Monaten, die finale Schätzung des BIP mit etwa 23 Monaten Verspätung publiziert wird. Aus diesem Grund muss die Zeitreihe für eine aktuelle Einschätzung der Kreditentwicklung relativ zum BIP anhand anderer verfügbarer Indikatoren verlängert werden.

 

Massnahme

Der antizyklische Kapitalpuffer wird quartalsweise kalibriert. Der Ausschuss für Finanzmarktstabilität (AFMS) gibt, sofern keine Änderung in der Höhe der Pufferquote notwendig ist, einmal jährlich eine Empfehlung für die Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers in Liechtenstein aus. Aktuelle Entwicklungen sind unter Risikohinweise und Empfehlungen verfügbar.

 

Quellen:

Empfehlung des europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 18. Juni 2014 zu Orientierungen zur Festlegung der Quote für den antizyklischen Kapitalpuffer (ESRB/2014/1)

  • Brunhart, A. (2012). Liechtensteins neuere Wirtschaftshistorie: Ergebnisse der ökonometrischen Verlängerung ökonomischer Zeitreihen, KOFL Economic Focus No. 4.

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