Finanzstabilität und Makroprudenzielle Aufsicht
Ein stabiler Finanzsektor ist eine notwendige Voraussetzung für die effiziente Verteilung von Ressourcen in einer Volkswirtschaft, für ein effektives Risikomanagement im Finanzsektor und die Fähigkeit, finanzielle Schocks abfedern zu können. Zudem sorgt die Finanzmarktstabilität dafür, dass der Zugang zu Finanzdienstleistungen und Krediten für Haushalte und Unternehmen sowohl in konjunkturellen Aufschwungphasen als auch in Rezessionen nachhaltig gesichert ist.
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass zur Gewährleistung der Finanzmarktstabilität neben der mikroprudenziellen Perspektive – welche auf die Stabilität einzelner Institute abzielt – auch eine makroprudenzielle Aufsicht notwendig ist. In Ermangelung einer Zentralbank, welche in anderen Staaten in erster Linie für die Systemstabilität zuständig ist, ist in Liechtenstein die FMA für die Stabilität des Finanzsektors zuständig.
Makroprudenzielle Aufsicht
Die makroprudenzielle Aufsicht soll zum Schutz der Stabilität des Finanzsystems beitragen, unter anderem durch die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems und durch den Abbau der Anhäufung systemischer Risiken. Ein stabiles Finanzsystem ist eine Grundvoraussetzung für die Erfüllung seiner volkswirtschaftlichen Funktionen. Hauptaufgabe der makroprudenziellen Aufsicht ist die fortlaufende und präventive Überwachung und Beurteilung der systemischen Risiken für den Liechtensteiner Finanzsektor. Zur Adressierung der identifizierten Systemrisiken nutzt die makroprudenzielle Aufsicht eine Reihe von makroprudenziellen Instrumenten, Risikohinweise und Empfehlungen, die auf den Abbau bzw. die Reduktion von Finanzmarktstabilitätsrisiken abzielen.
Üblicherweise wird die Notwendigkeit makroprudenzieller Interventionen insbesondere mit drei Arten von systemischen Externalitäten begründet, nämlich
-
der Tendenz des Finanzsystem, negative makroökonomische Schocks zu verstärken;
-
makrofinanzielle Rückkopplungsmechanismen, welche zu einer hohen Anfälligkeit des Systems gegenüber solchen Schocks führen;
-
Verflechtungen innerhalb des Finanzsystems, die die Verwundbarkeit des Systems gegenüber spezifischen („idiosynkratischen“) Schocks erhöhen.
Basierend auf diesen drei Externalitäten ergeben sich insbesondere drei Aufgaben für die makroprudenzielle Aufsicht:
-
Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems gegenüber solchen Schocks, z.B. durch den Aufbau von entsprechenden Kapitalpuffern;
-
Reduktion systemischer Risiken, indem die Prozyklizität reduziert wird, z.B. durch die Einschränkung von zu hohen Verschuldungsquoten (Leverage) und volatilen Finanzierungsquellen;
-
Schliesslich kann makroprudenzielle Politik strukturell die Verwundbarkeiten reduzieren, indem die Verflechtungen zwischen Finanzintermediären und die kritische Rolle von Institutionen in Schlüsselmärkten genau analysiert wird.
Die Verantwortung für die Finanzmarktstabilität sowie die makroprudenzielle Politik und Aufsicht verteilt sich in Liechtenstein auf mehrere Akteure. Gemäss Art. 4 FMAG sorgt die Finanzmarktaufsicht (FMA) für die Gewährleistung der Stabilität des Finanzmarktes Liechtenstein, den Schutz der Kunden, die Vermeidung von Missbräuchen sowie die Umsetzung und Einhaltung anerkannter internationaler Standards. Die Aufgaben der FMA ergeben sich daher aus ihrer Rolle als zuständige Behörde für die makroprudenzielle Aufsicht und die Gewährleistung der Finanzmarktstabilität bzw. den Einsatz und die Anwendung von makroprudenziellen Instrumenten. Die Regierung beschliesst die Einführung von makroprudenziellen Instrumenten im Rahmen der geltenden Gesetze und definiert damit den Handlungsrahmen der makroprudenziellen Politik in Liechtenstein.
Zur Stärkung der Finanzmarktstabilität sowie zur Reduzierung des systemischen und prozyklisch wirkenden Risikos wurde mit 1. Mai 2019 ein Ausschuss für Finanzmarktstabilität eingerichtet, dem Vertreter der Regierung und der FMA angehören. Dieser Ausschuss für Finanzmarktstabilität hat insbesondere die Stärkung der Zusammenarbeit in makroprudenziellen Fragen der im Ausschuss vertretenen Institutionen zum Ziel und erörtert regelmässig die für die Finanzmarktstabilität wesentlichen Sachverhalte.