Europa
Die FMA Liechtenstein ist in das europäische Finanzaufsichtssystem eingebunden. Es besteht aus einem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) und drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden: die in Paris angesiedelte Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA), die in Frankfurt ansässige Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) und die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) in Paris.
Die europäische Finanzaufsichtsstruktur beruht auf zwei Grundpfeilern: der makroprudentiellen Aufsicht durch den ESRB und der mikroprudentiellen Aufsicht durch ein Netzwerk bestehend aus den europäischen sowie nationalen Aufsichtsbehörden.
Die drei europäischen Finanzaufsichtsbehörden arbeiten in einem Netz und im Einvernehmen mit den nationalen Aufsichtsbehörden zusammen, um die finanzielle Solidität auf Ebene der einzelnen Finanzinstitute und den Kundenschutz sicherzustellen. Die europäischen Finanzaufsichtsbehörden sind dabei insbesondere mit folgenden Befugnissen ausgestattet:
- Entwicklung verbindlicher technischer Standards;
- Herausgabe von Leitlinien und Empfehlungen;
- direkte Aufsichtsbefugnisse gegenüber nationalen Behörden (bzw. sekundär gegenüber Finanzmarktteilnehmern) bei
a) Verletzung von Unionsrecht (einschliesslich technischer Standards)
b) Krisenfällen (ein solcher ist vom Rat festzustellen)
c) Meinungsverschiedenheiten zwischen nationalen Behörden in grenzübergreifenden Fällen
d) Herausgabe von Warnungen und das vorübergehende Verbot bestimmter Finanztätigkeiten bei einer Gefährdung der Integrität der Finanzmärkte oder der Stabilität des Finanzsystems; - Einholung erforderlicher Informationen zu Finanzmarktteilnehmern;
- Unmittelbare Aufsichtsbefugnisse für ESMA hinsichtlich Ratingagenturen.
Die FMA Liechtenstein ist Vollmitglied bei EBA, ESMA und EIOPA. Als Nichtmitglied der EU verfügt Liechtenstein resp. die FMA jedoch über kein Stimmrecht in den Gremien dieser Finanzaufsichtsbehörden. Aufgrund der Zwei-Pfeiler-Struktur des Abkommens über den EWR kommt die Kompetenz zum Erlass verbindlicher Massnahmen gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden der EWR/EFTA-Staaten und gegenüber Finanzintermediären, die in den EWR/EFTA-Staaten ihren Sitz haben, der EFTA-Überwachungsbehörde zu. Die Kompetenz für den Erlass von Massnahmen unverbindlicher Natur, sowohl gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden und Finanzintermediären der EU als auch gegenüber den EWR/EFTA-Staaten, verbleibt weiterhin bei den europäischen Finanzaufsichtsbehörden. Die EFTA-Überwachungsbehörde kann aufgrund der ihr übertragenen Kompetenzen direkt auf die nationalen Aufsichtsbehörden der EWR/EFTA-Staaten und in bestimmten Fällen, wie extremen Krisensituationen, sogar auf die Finanzintermediäre, welche in einem EWR/EFTA-Staat ihren Sitz haben, durchgreifen. Die EFTA-Überwachungsbehörde wird in solchen Fällen auf Grundlage von Entscheidungsentwürfen, welche die europäischen Finanzaufsichtsbehörden selbständig oder auf Verlangen der EFTA-Überwachungsbehörde erstellen, tätig. Der Rechtsweg geht im Fall der EWR/EFTA Staaten nicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), sondern direkt an den EFTA-Gerichtshof.
Der ESRB ist für die makroprudenzielle Aufsicht über das EU-Finanzsystem sowie für die Prävention und Begrenzung des Systemrisikos zuständig. Die Tätigkeit des ESRB erstreckt sich auf eine Vielzahl von Wirtschaftsakteuren (Banken, Versicherer, Vermögensverwalter, Schattenbanken, Finanzmarktinfrastrukturen sowie andere Finanzinstitute und Märkte). Im Rahmen seines Mandats überwacht und beurteilt der ESRB Systemrisiken und spricht gegebenenfalls Warnungen und Empfehlungen aus. Liechtenstein beteiligt sich an den Arbeiten des ESRB. Die EWR/EFTA-Staaten haben dem ESRB jedoch keine eigene Kompetenz zur Setzung von verbindlichen Massnahmen übertragen.