MiCAR
Die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (MiCAR) trat am 29. Juni 2023 in Kraft und wird ab dem 30. Dezember 2024 innerhalb der EU vollständig anwendbar sein. Ziel dieses Regelwerks ist es, einen harmonisierten Rechtsrahmen für Personen zu schaffen, die im Primär- und Sekundärmarkt für Kryptowerte tätig sind.
In Liechtenstein wird die MiCAR unmittelbar anwendbar, sobald der entsprechende Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Übernahme der Verordnung in das EWR-Abkommen in Kraft tritt. Die notwendige Umsetzung in das liechtensteinische Recht erfolgt durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (EWR-MiCAR-Durchführungsgesetz, EWR-MiCAR-DG), welches sich derzeit im Gesetzgebungsprozess befindet und planmässig am 1. Februar 2025 in Kraft treten soll.
Regulierte Tätigkeiten
Durch die MiCAR werden nachfolgende Tätigkeiten geregelt:
- Das öffentliche Angebot und die Beantragung der Zulassung zum Handel von vermögenswertereferenzierten Token (sog. asset-referenced token; kurz ART). Diese Tätigkeit ist bewilligten Kreditinstituten oder Personen mit einer Zulassung nach Art. 21 MiCAR vorbehalten.
- Das öffentliche Angebot und die Beantragung der Zulassung zum Handel von E-Geld-Token (sog. e-money token; kurz EMT). Diese Tätigkeit ist bewilligten Kredit- und E-Geld-Instituten vorbehalten.
- Das öffentliche Angebot und die Beantragung der Zulassung zum Handel von anderen Kryptowerten als ART und EMT (crypto-assets other than asset-referenced tokens or e-money tokens). Diese Tätigkeit ist ohne Zulassung möglich, solange die Vorgaben nach Art. 4 ff MiCAR erfüllt werden.
- Das Erbringen von Krypto-Dienstleistungen (sog. crypto-asset service providers; kurz CASPs). Diese Dienstleistungen sind den in Art. 59 Abs. 1 Bst. b MiCAR gelisteten Finanzunternehmen nach Massgabe von Art. 60 MiCAR sowie Personen mit einer Zulassung nach Art. 63 MiCAR vorbehalten. Unter den Begriff der Kryptowerte-Dienstleistungen fallen die folgenden Tätigkeiten:
- Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden;
- Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte;
- Tausch von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag;
- Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte;
- Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden;
- Platzierung von Kryptowerten;
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden;
- Beratung zu Kryptowerten;
- Portfolioverwaltung von Kryptowerten;
- Erbringung von Transferdienstleistungen für Kryptowerte für Kunden.
Verhältnis von Kryptowerte-Dienstleistungen zum TVTG
Die MiCAR umfasst Tätigkeiten und Dienstleistungen, die derzeit grösstenteils durch das national gültige TVTG reguliert werden. VT-Dienstleister, die künftig unter das MiCAR-Regime fallen, dürfen während der voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2025 andauernden Übergangsfrist weiterhin ihre Tätigkeit gemäss TVTG ausüben. Dabei ist zu beachten, dass grenzüberschreitende Tätigkeiten im EWR (sog. Passporting) erst nach der Übernahme der MiCAR ins EWR-Abkommen sowie nach Erhalt einer MiCAR-Zulassung möglich sind.
Registrierte VT-Dienstleister müssen daher bis zum 31. Dezember 2025 eine Zulassung gemäss Art. 63 MiCAR erwerben, wenn sie ihre Tätigkeit über dieses Datum hinaus fortsetzen möchten. Für registrierte VT-Dienstleister, bei denen es sich um in Art. 59 Abs. 1 Bst. b MiCAR gelistete Finanzunternehmen handelt, ist keine Zulassung gemäss Art. 63 MiCAR erforderlich, sondern es ist Art. 60 MiCAR massgeblich.
Zukünftig werden MiCAR und TVTG nebeneinander bestehen, wobei sich ihre jeweiligen Anwendungsbereiche gegenseitig ausschliessen. Es könnten daher beispielsweise sogenannte non fungible token (kurz NFT) in den Anwendungsbereich des TVTG fallen, da sie Art. 2 Abs. 3 MiCAR zufolge vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen sind. Dienstleister müssen daher je nach Geschäftsmodell und Sachverhalt möglicherweise Zulassungen nach beiden Rechtsakten vorweisen.
Verhältnis zur MiFID II
Kryptowerte, die als Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) qualifizieren, sind vom Geltungsbereich der MiCAR ausgenommen.
Dies entspricht der bisherigen Praxis in Liechtenstein. Bei der regulatorischen Einordnung eines Kryptowertes muss daher weiterhin zuerst geprüft werden, ob es sich um ein Finanzinstrument gemäss (MiFID II) handelt.