Systemrisikopuffer
Adressiertes Risiko
Der Systemrisikopuffer (SyRP) dient gemäss Art. 4l BankG zur Vermeidung oder Minderung von Makroaufsichtsrisiken oder Systemrisiken mit möglichen ernsthaften nachteiligen Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft, die nicht bereits von der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 [1] oder den Art. 4c bis 4k BankG (d.h. antizyklischer Kapitalpuffer, Kapitalpuffer für global sowie andere systemrelevante Institute und Kapitalerhaltungspuffer) erfasst wurden. Der SyRP ist in hartem Kernkapital zusätzlich zu den Eigenmittelerfordernissen und etwaigen zusätzlichen Eigenmittelvorschriften zu halten. Eine Unterschreitung hat Ausschüttungsbeschränkungen und die verpflichtende Erstellung eines Kapitalerhaltungsplans zur Folge.
Bei vergangenen Krisen im Ausland mussten häufig die Kosten für die Rekapitalisierung der Banken vom öffentlichen Sektor getragen werden, um negative Effekte auf die Realwirtschaft abzufedern. Daher ist das Ziel des Systemrisikopuffers die Wahrscheinlichkeit einer Krise sowie die potenziellen Krisenkosten ex-ante zu reduzieren, indem die Risikotragfähigkeit der Banken gegenüber den identifizierten langfristigen, strukturellen Systemrisiken gestärkt wird.
Methode und Kalibrierung
Die risikobasierte Kalibrierung des SyRP erfolgt in drei Schritten. Im ersten Schritt identifiziert die FMA im Rahmen der Systemrisikoanalyse vorausschauend auf Systemebene die Entwicklungen der Banken und ihre Risikotragfähigkeit im Rahmen ihres Finanzstabilitätsmandats (d.h. sie identifiziert strukturelle, nicht-zyklische systemische Risiken). Dabei wurden für Liechtenstein zwei wesentliche systemische Risikoquellen identifiziert:
- Die systemische Verwundbarkeit ergibt sich aufgrund einer erhöhten Verwundbarkeit von Banken gegenüber dem Finanzsystem, die durch die Vernetzung der Banken untereinander, mit dem Finanzsystem sowie mit der Realwirtschaft entstehen können. Beispiele für die systemische Verwundbarkeit sind potenzielle Risiken, die sich aus den bedingten Verbindlichkeiten gegenüber der Einlagensicherung ergeben, Reputationsrisiken des Finanzplatzes Liechtenstein im Allgemeinen sowie aufgrund des vorherrschenden Geschäftsmodells, sowie systemische Risiken, die sich aufgrund der institutionellen Besonderheiten in Liechtenstein ergeben.
- Das systemische Klumpenrisiko ergibt sich aus substanziellen ähnlichen Risikopositionen des Bankensektors und kann aufgrund dieser Gleichartigkeit bei mehreren Banken zu erheblichen negativen Auswirkungen im Finanzsystem und auf die Realwirtschaft führen. Ein wesentliches Klumpenrisiko in Liechtenstein resultiert beispielsweise aus den hohen Hypothekaranlagen in den Bankbilanzen vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung des privaten Haushaltssektors.
Nach der Identifizierung der systemischen Risiken für den Liechtensteiner Bankensektor wird die Höhe des Systemrisikopuffers auf Basis von drei unterschiedlichen Ansätzen kalibriert, womit eine konsistente Beurteilung in Bezug auf potenzielle Krisenkosten gewährleistet wird.
- Der Top-down-Ansatz betrachtet die durchschnittlichen Krisenkosten in den EU- und EFTA-Staaten, die mithilfe des Systemrisikopuffers ex-ante von den Banken internalisiert werden sollen.
- Der Bottom-Up-Ansatz betrachtet das notwendige Kapitalerfordernis für die Adressierung von spezifischen Systemrisiken im Liechtensteiner Bankensektor basierend auf unterschiedlichen Stressszenarien. Das Ziel dabei ist, die Risikotragfähigkeit der Banken für einzelne Systemrisiken zu stärken.
- Als Konsistenzcheck werden die makroprudenziellen Kapitalpufferanforderungen der Liechtensteiner Banken mit ähnlichen Bankensystemen (d.h. kleine, offene Volkswirtschaften mit grossem Bankensektor relativ zum BIP im EWR) verglichen.
Die Kalibrierung berücksichtigt dabei auch Überlappungen mit dem Kapitalpuffer für andere systemrelevante Institute (A-SRI-Puffer) sowie risikomindernde Faktoren (wie beispielsweise die geringe Komplexität der Liechtensteiner Bankbilanzen durch die Anwendung des Standardansatzes, die weniger komplexen Geschäftsmodelle, Proportionalitätskriterien sowie die Berücksichtigung der idiosynkratischen Komponente im Rahmen des SREP bzw. in der Säule 2-Kapitalanforderung).
Massnahme
Nach Berücksichtigung der Überlappungen mit dem A-SRI-Puffer sowie der risikomindernden Faktoren ergibt die Kalibrierung einen sektoralen Systemrisikopuffer für alle Liechtensteiner Banken in Höhe von 1% des Risikobetrags der grundpfandgesicherten Kredite für Liegenschaften in Liechtenstein. Der rekalibrierte Systemrisikopuffer gilt mit der Einführung des CRD-V-Pakets ab 1. Mai 2022 sowohl auf konsolidierter Ebene als auch auf Einzelbasis, da sich die Systemrisiken sowohl auf konsolidierter als auch auf Einzelbasis manifestieren können und die Kapitalallokation innerhalb einer grenzüberschreitenden Bankengruppe insbesondere in einer Krise nicht ausreichend flexibel ist. Gleichzeitig sollen Arbitragemöglichkeiten ausgeschlossen werden, um ein «level playing field» zu gewährleisten.
Weiterführende Links
[1] Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1.